Smart Investor: Herr Früchtl, gehe ich zu weit, wenn ich behaupte, eine Kapitallebensversicherung ist reine Kapitalvernichtung?
Früchtl: Zumindest ist diese Aussage nicht übertrieben. Schon 1983 wurde entschieden, dass man eine private Lebensversicherung als „legalen Betrug“ titulieren darf. Laut meinem Dafürhalten sind zumindest drei Viertel aller in Deutschland vorhandenen Altersvorsorgeverträge auf Dauer nicht dazu geeignet, Vermögen aufzubauen.
Smart Investor: Welches sind Ihre Hauptkritikpunkte an Lebensversicherungen?
Früchtl: Ich weise an dieser Stelle immer auf die folgenden drei Punkte hin:
Zum einen haben wir mindestens seit ca. 2010 eine deutlich höhere Inflationsrate als diejenige, die uns jeden Monat offiziell präsentiert wird. Jeder, der im Geld spart – und das macht ein Großteil der Deutschen mit immerhin noch 83 Mio. bestehenden Lebens- und Rentenversicherungen –, ist dieser Inflation schutzlos ausgesetzt.
Zum anderen sind die Kostenstrukturen in Bank- und Versicherungsprodukten in den 1990er Jahren hängen geblieben. Rund 25 % des Sparbeitrags verlieren sich im Kostenapparat der Versicherer. Von 100 EUR, die ich also jeden Monat brav in meine Rentenversicherung zahle, kommen im Durchschnitt nur rund 75 EUR in der Veranlagung an.
Zu guter Letzt ist da noch der Staat, der zumindest finanziell mit dem Rücken zur Wand steht. Ein Land, das unter Druck steht, wird sich Geld beschaffen müssen, auch und gerade bei seinen eigenen Bürgern. Unter Berücksichtigung, dass wir Deutschen rund 8 Bio. EUR in Geldversprechen geparkt haben, kann ich mir den Gedanken nicht verwehren, dass bei dem einen oder anderen Politiker Begehrlichkeiten geweckt werden – vielleicht im Rahmen einer einmaligen Vermögens- oder Kriegsabgabe?
Smart Investor: Versicherungen legen ihre Gelder vornehmlich in Staatsanleihen an, welche in den letzten Jahren deutlich an Wert verloren haben. Was bedeutet das für den Versicherungsnehmer?
Früchtl: Für die Versicherungsnehmer bedeutet das erst einmal eine zunehmende Instabilität in der privaten Altersvorsorge. In den Portfolios der Versicherungskonzerne hat sich in den letzten Jahren eine nicht unbeachtliche Menge an schlecht verzinsten Staatsanleihen angesammelt. Das ist nicht nur auf die Misswirtschaft der jeweiligen Häuser zurückzuführen: Auch die staatlichen Regulatorien unter Solvency II und die zunehmend strikter werdenden europäischen Regelungen führen dazu, dass Versicherer in vermeintlich sichere Staatsanleihen gezwungen wurden; natürlich auf Kosten der Flexibilität und der Rendite. Diese Anleihen sind aufgrund der Veränderungen der Zinslandschaft massiv im inneren Wert gesunken. Kein Problem, wenn man die Anleihen bis zur Endfälligkeit halten möchte – doch das war nie das Ziel der Versicherungsunternehmen. Jetzt stehen sie vor dem Dilemma, diese niedrig verzinsten Anleihen doch deutlich länger als geplant halten zu müssen. Ebenso kommt erschwerend hinzu, dass immer mehr aufgeklärte Versicherungskunden sich aus den Fängen dieser Produkte befreien wollen. Die Gesellschaften müssen liquidieren und die stillen Lasten in den Anleihen realisieren.
Smart Investor: Sind hierzulande bereits Versicherungsgesellschaften deswegen unter die Räder gekommen?
Früchtl: Durchaus. Letztes Jahr sahen wir die Zahlungsunfähigkeit der Eurovita-Versicherung mit Hauptsitz in Südtirol. Mitte dieses Jahres folgte sehr überraschend die FWU-Versicherung mit Konzernsitz im beschaulichen Grünwald bei München. Wenngleich das Versicherungsgeschäft dieser FWU-Versicherung über den Finanzmarkt Luxemburg abgewickelt worden ist, stehen nun hierzulande trotzdem rund 285.000 Versicherungsnehmer vor den Scherben ihrer Altersvorsorge. Wir sprechen hier von einem Beitragsvolumen von rund 9 Mrd. EUR. Ich frage mich: Wo bleibt hier der mediale Aufschrei?
Smart Investor: Auch die Benko-Pleite soll ja bei einigen Versicherungen Schäden verursacht haben …
Früchtl: Vollkommen richtig. Man darf nicht vergessen, dass die deutschen Lebensversicherer ein Kundenvermögen von rund 2,3 Bio. EUR (!) verwalten. Natürlich gibt es bei einer solchen Summe auch Investments, die ausfallen. Im Fall Benko sprechen wir von rund 1 Mrd. EUR an verloren gegangenen Kundengeldern. Für die Versicherungsbranche sind das sprichwörtliche Peanuts, beim Versicherungsnehmer sorgt ein solcher Ausfall für sinkendes Vertrauen und schlechter Performance in seiner Altersvorsorge.
Smart Investor: In einem früheren Heft haben wir die Thematik des § 314 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) behandelt. Was besagt dieser und wie bewerten Sie ihn?
Früchtl: Der § 314 VAG ist meiner Meinung nach eine Bewaffnung gegen den Sparer. Er besagt, dass Lebensversicherungsgesellschaften, die sich in einer nicht näher definierten Schieflage befinden, ihre Auszahlungen an den Kunden zu unterlassen haben, soweit die BaFin das anordnet. Der Kunde kann zu diesem Zeitpunkt nicht auf sein eigenes Geld zugreifen. Hier wird das Schuldverhältnis klar, in das sich ein Versicherungsnehmer bei Abschluss eines solchen Vertrags begibt. Ob nun der Vertrag regulär ausläuft, der Kunde den Vertrag kündigt oder von seinem Ableben Gebrauch macht, er kommt nicht an sein hart erspartes Kapital. § 314 Abs. 2 VAG setzt dem Ganzen noch die Krone auf, indem er besagt, dass die Versicherungsnehmer – wohlwissend, dass sie nicht an ihr Geld kommen – die Zahlungen an das desolate Finanzinstitut weiterhin leisten müssen. Alles zum Wohle der Versicherungsgemeinschaft.
Smart Investor: Welche Möglichkeiten gibt es denn, sich dem Risiko einer bereits bestehenden Lebensversicherung zu entziehen?
Früchtl: Im Endeffekt haben Versicherungsnehmer, die in solchen Verträgen gefangen sind und sich derer entledigen wollen, zwei Alternativen: die Eigenkündigung beim Versicherer auf eigene Faust oder die professionelle Abwicklung über einen externen Profi. Eine Beitragsfreistellung oder gar eine Beleihung der Police sind meiner Meinung nach keine Alternativen. Hier werfen Sie gutes Geld dem schlechten hinterher.
Smart Investor: Sie bieten mit Ihrer Firma ProLife an, Lebensversicherungen abzukaufen. Für wen könnte das interessant sein?
Früchtl: Unsere Arbeit ist für all diejenigen interessant, die noch einen Altersvorsorgevertrag im Versicherungsmantel ihr Eigen nennen. Hauptsächlich sprechen wir hier von privaten Lebens- und Rentenversicherungen, aber auch von Bausparverträgen oder solch schönen Ausgestaltungen wie Riester- oder Rürupverträgen. Wir können diese Policen in einem ersten, vollkommen kostenlosen Schritt dahingehend prüfen, ob wir beim Ausstieg unterstützen können und wenn ja, unter welchen Umständen. Unser Ziel ist es seit unserer Unternehmensgründung im Jahre 2007, unseren Kunden einen zeitlichen und monetären Mehrwert gegenüber der Eigenkündigung beim Versicherer zu bieten. Mehr als 63.000 zufriedene Kunden sprechen für sich.
Smart Investor: Was muss dabei beachtet werden und welche Kosten fallen dafür an?
Früchtl: Unsere Kostenstruktur ist sehr transparent und ich denke, das ist der Erfolgsfaktor meiner Firma. Der Kunde bekommt im Laufe der kostenlosen Bewertung immer ganz klar mitgeteilt, mit welchem Serviceentgelt er zu rechnen hat und welche Leistungen er dafür erhält. Die Höhe des Serviceentgelts richtet sich auch immer nach der jeweiligen aufzulösenden Versicherung und liegt im mittleren einstelligen Prozentbereich. Wir bekommen unser Geld nur dann, wenn wir unsere Arbeit erfolgreich umgesetzt haben. Zu beachten ist, dass wir keinerlei Anlageberatung oder dergleichen anbieten: Wir kümmern uns „lediglich“ um die professionelle Auflösung und rechtliche Nachbearbeitung dieser Verträge. Unser Job ist es, so viel wie nur möglich aus diesen Verträgen herauszuholen. Was anschließend mit dem Geld passieren soll, ist die Entscheidung eines jeden Einzelnen.
Smart Investor: Herr Früchtl, haben Sie herzlichen Dank für Ihre interessanten Ausführungen.
Interview: Ralf Flierl
Ketrina Morina
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