Nachdem die Zurich Versicherung vor Kurzem den Verkauf ihres klassischen Lebensverssicherungsbestands an die Run Off Plattform Viridium angekündigt hat, wurden nun auch die Kunden der AXA von diesem Szenario überrascht. Betroffen sind rund 900.000 Verträge mit einem ungefähren Deckungskapitel von 15 bis 19 Milliarden Euro. Genauer gesagt handelt es sich dabei ausschließlich um kapitalgebundene ehemalige DBV Winterthur Verträge, die die AXA Deutschland 2006 selbst übernommen hatte.
AXA stößt Lebens- und Rentenversicherungsverträge an eine Run Off Plattform ab
Es geht Schlag auf Schlag: Erst vor wenigen Tagen haben wir ein Video zum Thema Run Off der Zurich Versicherung gedreht. Nun hat auch die AXA nachgezogen und bekanntgegeben, dass sie einen Teil ihrer Versicherungsverträge an die Run Off Plattform Athora abstößt. Die Athora ist neben der Viridium und der Frankfurt-Leben-Gruppe eine von drei Run Off Gesellschaften.
Der Kaufpreis für die rund 900.000 Versicherungspolicen soll zwischen 610 und 660 Millionen Euro liegen. Demnach sprechen wir hier vom drittgrößten Deal der Geschichte in Sachen Run Off in Deutschland. Als größter Deal gilt nach wie vor der Verkauf der Generali Verträge an die Viridium im Jahr 2019. In dessen Folge firmieren die betroffenen Verträge nun unter dem Namen der Proxalto.
Definition Run Off: Was bedeutet das eigentlich?
Bei einem Run Off verkauft ein Versicherungsunternehmen seinen gesamten Bestand bzw. ein gesamtes Paket an Versicherungspolicen an eine sogenannte Run Off Unternehmung. Diese ist ausschließlich darauf spezialisiert, bestehende Verträge anzukaufen, abzuwickeln und im Bestand zu halten.
Welches Ziel verfolgen Run Off Unternehmen?
Run Off Unternehmen sind Finanzinvestoren, die Lebens- und Rentenversicherungsbestände von klassischen Versicherungskonzernen aufkaufen, um mit den Verträgen Gewinne zu erzielen.
Nun stellt sich aber folgende Frage: Wie möchten Run Off Unternehmen mit Beständen, die Versicherungskonzerne loswerden möchten, weil sie nichts mehr damit verdienen, Gewinn erwirtschaften?
Das Ganze ist nur möglich, indem sich Run Off Unternehmen durch die Bündelung vieler Verträge deutlich schlanker aufstellen. Sie betreiben keinen aktiven Vertrieb mehr und schränken zusätzlich die Bereiche Verwaltung und IT maßgeblich ein. Infolgedessen wird die Effizienz gesteigert, sodass diese sogar deutlich über dem Durschnitt der deutschen Versicherungskonzerne liegt. Gleichzeitig können Run Off Unternehmen prozentual höhere Gewinne erwirtschaften, wobei diese einer Studie zufolge leider nicht beim Kunden ankommen.
Was sind Sinn und Zweck des Run Offs für Versicherungskonzerne?
Die Entscheidung für den Run Off basiert zumeist auf der Tatsache, dass Versicherer unter Druck stehen. Ausschlaggebend dafür sind hohe Reserven, die in den vergangenen Jahren aufgrund geltender Regulatorien in den Bilanzen aufgebaut wurden. Diese Reserven beziehen sich auf die den Kunden versprochenen Garantien. Mit der Niedrigzinspolitik wurde es für Versicherungsunternehmen schließlich immer schwieriger die Garantien tatsächlich auch auf dem Kapitalmarkt zu erwirtschaften.
Folglich belastet die Situation sowohl das Eigenkapital als auch die Bilanz und Eigenkapitalquote der Versicherungskonzerne, sodass sie gewisse Voraussetzungen nicht mehr erfüllen können und den bilanzpolitischen Schritt des Run Offs wagen - frei nach dem Motto: „Wir verkaufen die Versicherungsbestände an einen Dritten, der darauf spezialisiert ist und im Zweifel alles abwickeln soll.“
Ich bin vom Run Off der AXA betroffen. Was bedeutet das nun für mich?
Sicherlich fragen Sie sich, was Sie nun gegen den Run Off unternehmen können. An diesem Punkt müssen wir Sie leider enttäuschen, da Sie hier kein Mitspracherecht haben. Es handelt sich um eine einseitige Erklärung vonseiten der Versicherungsgesellschaft, auf deren Basis Ihr Vertrag entsprechend an die Athora abgestoßen wird. Sie haben maximal die Möglichkeit, aus der Versicherungspolice auszusteigen, sie zu kündigen oder den Vertrag zu verkaufen.
Der Run Off wird nicht sofort, sondern über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg vonstattengehen. Anfangs sollen die Verträge noch von der AXA betreut werden und dann gestaffelt an die Athora übergehen. Diesbezüglich wird Sie Ihr Versicherer noch über den Verkauf und den neuen Ansprechpartner informieren.
Auf welche Änderungen muss ich mich in Zukunft einstellen?
Grundsätzlich ist es denkbar, dass Ihr Vertrag zukünftig unter einem anderen Namen läuft. Dies war beispielsweise im Rahmen des Run Offs, bei dem die Viridium beteiligt war, der Fall. Hier gab es eine Namensänderung, sodass die ehemaligen Generali-Verträge zu Proxalto-Verträgen wurden.
Außerdem wird sich aufgrund des neuen Servicepartners voraussichtlich auch der Ansprechpartner für alle Fragen rund um Ihre Versicherungspolice ändern.
Darüber hinaus müssen Sie mit einem neuen Erscheinungsbild Ihrer Standmitteilung rechnen, was zum Beispiel die farbliche Gestaltung betrifft.
Welche Nachteile entstehen für mich als Versicherungsnehmer?
Bereits seit langem kritisieren Verbraucherschützer, dass Run Off Verkäufe nur einseitig stattfinden und Versicherungsnehmer keine Möglichkeit haben, dem Vorgang mit einem Vetorecht etwas entgegenzusetzen. Letztendlich entscheidet der Versicherer über das Kapital seiner Kunden. Das Ganze hat natürlich einen faden Beigeschmack, da Sie Ihren Vertrag damals im Vertrauen und mit der Absicht einer langfristigen Partnerschaft mit der Versicherungsgesellschaft abgeschlossen haben. Mit dem Run Off wird dieses Vertrauen nun gebrochen, indem die Gesellschaft schlicht und ergreifend sagt: „Lieber Kunde, Sie kosten uns nur Geld. Wir geben Sie an Dritte weiter, da wir Sie nicht mehr gebrauchen können.“
Darüber hinaus kommen nur der Pflichtteil an möglichen Überschüssen und Bewertungsreserven anstelle der höheren Gewinne bei Ihnen als Kunde an. Das heißt, zusätzlich erwirtschaftete Überschüsse, die per Gesetz nicht an Sie weitergegeben werden müssen, werden auch nicht an Sie weitergegeben, um den Profit im eigenen Haus zu halten.
Außerdem ist schlechter Kundenservice bei Run Off Unternehmen keine Seltenheit, was vermutlich auch am hohen Automatisierungsgrad liegt. Demzufolge hat der Kunde vielleicht keinen persönlichen Ansprechpartner mehr und Callcenter werden ins Ausland verlagert, um Kosten zu senken. Letztendlich ist dieses Vorgehen leider auch verständlich, da die Run Off Unternehmen kein Interesse daran haben, einen neuen Vertrieb aufzustellen und Akquise zu betreiben. Hier geht es schlussendlich nur um Bestandsverwaltung, die so kostengünstig wie möglich ablaufen soll.
Wie gehe ich nun mit diesem Wissen um?
Sofern Sie eine AXA-Police besitzen, sollten Sie eine Entscheidung treffen, ob Sie mit der Weitergabe Ihres Vertrags an Dritte einverstanden sind.
Grundsätzlich existieren drei Möglichkeiten:
- Vertrag weiterlaufen lassen,
- Vertrag kündigen,
- Vertrag verkaufen.
Fazit
Fakt ist, die AXA verkauft ihren Bestand an klassischen Lebens- und Rentenversicherungsverträgen an die Athora. Das sollte für alle ein Weckruf sein, den eigenen Vertrag mal grundsätzlich auf Herz und Nieren zu prüfen und sich folgende Fragen zu stellen: Ist mein Vertrag überhaupt rentabel? Habe ich vielleicht auch, wie Millionen andere Versicherungsnehmer in Deutschland, einen sehr schlechten Vertrag? Werfe ich dem schlechten Geld tatsächlich jeden Monat gutes Geld hinterher?
Wenn dem so ist, dann können wir Ihnen helfen!
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Immerhin rund 900.000 Verträge sind vom Run Off der AXA betroffen. Dabei werden aktuelle Vertragswerte von 15 bis 19 Milliarden Euro verschoben.
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Bleta Peci
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